Wie froh ist Ostern?

Als Corona kam, dachten wir, es könnte schlimmer nicht werden. Ein Virus raste um die Welt und tötete scheinbar wahllos Millionen von Menschen Dann, als alle völlig erschöpft von all den Inzidenzen, Gesetzesänderungen und Fallzahlen pro Tag waren; als sich die Ansteckungen verhundertfacht hatten und die Impfungen gegen die immer neuen Varianten nicht mehr wirkten, brach der Krieg in der Ukraine aus. Ein einzelner Mann zwingt der Welt seinen Despotismus auf in einer Form, die an den 2. Weltkrieg erinnert und ähnlich bedrohlich erscheint.
Es ist Ostersonntag, und ich kann nur hoffen und beten, dass dieser unendliche Schrecken, der vor fast genau zwei Jahren über die Welt hereinbrach und sich immer mehr zu beschleunigen scheint, endlich zum Stillstand kommt.
Aber noch ist ein Ende nicht absehbar.
Und mit beidem, sowohl mit der Pandemie als auch mit dem Krieg, kommt die nächste Herausforderung, die in dieser massiven Form keiner erwartet hat, obwohl sie doch eigentlich absehbar war: Inflation, dazu schwindelerregende Preiserhöhungen und beängstigende Rohstoffknappheit, die uns und ich vermute mal, auch euch, jede Woche auf eine neue Achterbahn schicken. Mal ist es die Butter, dann Tapioka, dann der Reis und dann das Öl. Das Benzin sowieso. Die Energiekosten erst recht. Der Strom, das Gas. Ob wir unsere Öfen noch anschmeißen können.
Wir zittern uns Woche für Woche durch die stundenlange Suche nach dem, was wir brauchen, um für euch zu backen.
Es gibt kein Entrinnen, wenn David nicht Goliath in allernächster Zukunft in die Knie zwingt. Doch damit ist wohl kaum zu rechnen.
All das, was im Moment die Weltwirtschaft und jeden einzelnen, der davon abhängt, erschüttert, ist jedoch nichts im Vergleich zu dem, was die Menschen in der Ukraine in ihrem Zuhause und/oder auf ihren Fluchtwegen ertragen müssen. Ihr Leid ist ohne Worte.
Ich habe mir nie vorstellen können, dass unsere Kinder von Krieg bedroht sein könnten… ihr?
Wie schnell sich der Wechsel von vermeintlicher Freundschaft und Akzeptanz zu tödlicher Feindschaft vollzieht. Wie jede Vernunft außer Kraft gesetzt wird, als gäbe es nicht genug Platz, nicht genug Ressourcen, nicht genug Luft zum Atmen auf dieser Welt; als müsse der eine sterben, damit der andere leben kann. Rückblickend denke ich oft, dass der Welt mit Corona die Toleranz, den anderen genauso zu respektieren wie sich selbst, abhanden gekommen ist.
Wie Gold ist Schweigen?

Vor genau einem Jahr war meine größte Sorge, meine schlimmste Angst, wie mein ungeborenes Baby auf die Welt kommen würde, wie diese Welt es aufnehmen würde und ob ihm geholfen werden könnte. Ich habe hier darüber geschrieben, bis mich eines Tages, als unser Mini Rebel wenige Wochen alt war, ein Kunde anrief und sagte, wie komplett unpassend er es fände, dass ich darüber schreibe; warum ich meine Angst mit der Welt teile und ob ich etwa glaube, dass es da ein öffentliches Interesse gäbe. Er fände es besser, wenn ich das Schreiben darüber in Zukunft unterließe… er fühle sich "irgendwie angefasst".
Ich war so geschockt, dass sich etwas in mir entschied, besser zu schweigen.
Doch nun sind da draußen Millionen von Eltern, die – wenn auch aus ganz anderen Gründen – genauso verzweifelt um das Wohlergehen, wenn nicht Leben ihrer Kinder zittern; die mit ihnen wochenlang in U-Bahn-Schächten sitzen; die kaum etwas zu essen haben, geschweige denn, medizinische Versorgung; die ihre Kinder wegschicken müssen, damit die Kleinen überleben; die sie vielleicht nie wieder sehen werden, weil irgendjemand sie auf der Flucht in dem ganzen Chaos an den Grenzen gestohlen hat.
Und plötzlich wurde mir klar, dass das Letzte, was die Welt in verzweifelten Situationen braucht, Schweigen ist… Schweigen mit dem Ziel, so zu tun, als wäre das Schreckliche nicht längst geschehen, als hätte es nicht immer wieder brutalste Anzeichen gegeben, als ginge alles von allein wieder weg, wenn man es nur lange genug beschweigt.
Schweigen – sich im Angesicht von Unmenschlichkeit zu ducken und unzählige Male wegzuschauen –, ist genau das, was uns an diese Schwelle gebracht hat, an der die Menschen nun in Europa vor einem Atomkrieg zittern.
Gestern ist Emily, unsere wunderbare kleine Tochter, 3 Jahre alt geworden. Sie ist, wie alle Kinder auf der Welt, jede Anstrengung wert, dass wir ihr eines Tages einen besseren Ort hinterlassen, als wir ihn selbst vorgefunden haben. Und wenn ich auf diese letzten 3 Jahre schaue, die ihre ersten 3 Jahre waren, dann stelle ich fest: Es gibt noch viel zu tun. Sehr, sehr viel. Im Grunde genommen alles.