Der Himmel über der Wüste
- Katinka Reichelt
- 27. Mai
- 4 Min. Lesezeit

Hatte ich schon erwähnt, dass wir 5 neue Mitarbeiter und -Innen haben? Nein? Dann wird es allerhöchste Zeit. Vier kleine Puppys mit Namen Toffee, Mac, Sierra und Fudge sind am 3. Mai zur Flour Rebels Familie dazu gestoßen.

Aber als erstes, 8 Monate zuvor, erschien ihre Mama in meinem Leben. Ich nannte sie Sky, u.a., weil ihr Wesen dem Himmel so nah ist. Schon am ersten Tag stand sie vor der noch gähnend leeren Bäckereihalle – als ich begann, mitten in der Wüste, im Herzen des Mittleren Ostens, meine Zelte aufzuschlagen und eine glutenfreie Fabrik mit aufzubauen.
DAS GROSSE ABENTEUER
Hier ist das Empfinden für das, was Menschen mit speziellen Diätbedürfnissen brauchen, weiter entwickelt als in Deutschland. Zöliakie-PatientInnen können ihre benötigten Produkte über die lokalen Krankenhäuser beziehen, kostenlos. Ein Projekt, das vom Gesundheitsministerium gefördert wird. Natürlich gibt es auch eine große Auswahl an glutenfreien Backwaren in den Supermärkten – sauteuer.
Doch unser Ziel ist es, die Krankenhäuser in den Bereichen der Spezialnahrung zu beliefern; in der Qualität, die euren (und meinen) Vorstellungen entspricht. Während ich mich also in dieser völlig neuen und mit 1001 Herausforderungen gepflasterten neuen Welt zurechtzufinden versuchte, hatte Sky heimlich zwei Kumpels eingeschleust: Marshall, offensichtlich ihr Bruder, und Chase, der stärkste der drei. Ich nannte sie so, weil meine Kinder verrückt sind nach Paw Patrol, der Cartoon-Serie mit den kleinen Hunderettern auf vier Pfoten.
Sie erschienen jeden Tag , kamen auf den Hof gerannt, sobald sie mein Auto sahen… zunächst einfach, weil sie Hunger hatten. Wüstenhunde… ich hielt erstmal respektvollen Abstand. Aber wenn Ihr mich ein bisschen kennt, dann wisst Ihr, dass ich ein Herz für Hungrige habe. Sie waren zäher als alle Versuche, sie vom Gelände zu jagen. So wurden sie zu meiner Paw Patrol.
Die Regeln konnten sie leider nicht lesen.
Je weiter die Fabrik voranschritt im Ausbau, umso unmöglicher wurde es, dass sie auf dem Gelände blieben, allein wegen der strikten Hygienevorschriften, die keinerlei Tiere auf dem Grundstück erlauben. Sky schafft es dennoch immer wieder, sich reinzuschleichen.
Und eines morgens, als Mahmoud, unser wunderbarere Allrounder bei allen technischen Fragen, die Blumenbeete wässerte, entdeckte er unter den Blättern vier winzige, nun klitschnnasse, neugeborene Hamster-kleine Hundebabies und ihre Mama Sky, die ihn mit flehenden Augen ansah.
Mahmoud rief mich. Sky nahm ihre Babys und legte sie mir vor die Füße. Die Bäcker kamen dazu. Mit den drei Männern stand ich vor Mama und Kindern wie vor einer kleinen Krippe.
Vorschrift wäre gewesen, sie auf die stark befahrene Straße zu setzen, alle fünf, bei 45°C. Ich entschied mich für Plan B: So schnell wie möglich nach einer Unterbringung zu suchen und so lange ein schattiges Plätzchen für sie zu finden. An Tag 3 hatte ich mich entschieden, sie alle zu mir nach Hause zu holen, bis wir eine Lösung fänden.
UND DANN KAM TRUMP…
Doch dann kam Trump zu Besuch und alle Straßen wurden auf einen Schlag gesperrt. Ich konnte sie nicht zu mir holen. Und zeitgleich entdeckte jemand, der Hunde absolut nicht leiden kann, ihr Versteck. Mein Herz klopfte wie wild. Er wies die Arbeiter auf dem Gelände an, Sky und ihre Babys auf die Straße zu setzen. Die Bäcker stellten sich mit gekreuzten Armen vor sie und erklärten, ich würde Mutter Und Welpen gleich holen. Ich fuhr los, in der Hoffnung, dass Trump endlich in seinen Flieger stieg und weiter reiste. Und genau das passierte.
Ich raste mit zwei kleinen, geliehenen Transportboxen die 140 km zur Bäckerei und setzte die Babys in den einen davon. Dann versuchte ich, Sky einzufangen, die noch nie etwas anderes gesehen und erlebt hatte als Wüste und Menschen, die Steine auf sie warfen. Und eben die Bäckerei. Beim fünften Versuch saß sie wie eine Wurst in der Pelle in der anderen, viel zu kleinen Transportbox. Sie hatte mich noch nicht einmal angeknurrt.
Wir rasten die 140 km wieder zurück, wo ein großer offener Transportkäfig, ebenfalls geliehen, mit weichen Decken als ihre Wochenbettkiste diente, dazu ein Wassernapf und viele Ruhe spendende Tücher auf sie warteten. Vor ihnen saßen nun mitten in der Nacht etwa 15 flüsternde Erwachsene und ca. 10 Kinder und betrachteten dieses kleine Wunder.
Lauter hilfreiche Hände
Eine Frau, Teresa, die ich bis dato nicht gekannt hatte, half mir bei einer Facebook-Kampagne, denn als nächstes mussten sie alle zum Tierarzt und das würde teuer werden! Sie trommelte das Geld für den ersten Monat zusammen, denn wie sich herausstellte, hatte Sky eine schwere Zeckeninfektion und musste für mindestens 3-4 Wochen behandelt werden und mit ihren Welpen in der Klinik bleiben. Innerhalb von zwei Tagen hatte sie den Spitznamen "Gentle Girl Mama Sky" bei den Tierärzten, weil sie so eine gute Mutter ist und ihre Babys nicht einen Moment aus den Augen lässt – aber gleichzeitig alle Untersuchungen, Blutentnahmen und Spritzen klaglos über sich ergehen lässt.
TEIL DER ZUKUNFT
Ich habe keine Ahnung, wie die Geschichte weitergehen wird. Sie alle brauchen ein Zuhause, ein liebevolles Flour Rebels Team-Zuhause.
Falls Ihr Euch also vorstellen könnt, dass (von lks. nach rechts) , Toffee (die helle, Mädchen), Fudge (Junge), Sierra (Mädchen) oder Mac (Junge) in Eure Familie passt, schreibt mir an kontakt@flourrebels.com.
TOFFEE ist eine freche, neugierige, rauflustige Führungspersönlichkeit.
FUDGE ist ein sanftes, noch sehr kleines Bärchen, der ganz viel Streicheln zum Gedeihen braucht.
SIERRA, die wir behalten wollen, ist eine winzige, anschmiegsame Kuschelmaus, was, so hoffen wir, gut zu unserem Hund Poppy passen wird.
MAC ist ein stiller Genießer, der sich leise und unauffällig die Pole Postion auf der Waage zusammengetrunken hat.
Und dann ist da Sky, ihre Mama. Sie ist knapp 2 Jahre alt, ca. so groß wie ein Border Collie, 15kg schwer, eine unglaublich wundervolle Seele. Sie alle müssen erst durch das Wochenbett, dann alle geimpft werden, wenn die Kleinen 8 Wochen alt sind, vier Wochen später noch mal geimpft, vier Wochen später getestet, ob die Impfung angeschlagen hat. Ein langer Weg liegt noch vor uns, wenn wir sie nach Deutschland bringen würden, und wir sind für jeden Euro dankbar, falls Ihr einen spenden könntet. Und genauso dankbar sind wir für jede gute Idee, wie wir Sky und ihren Puppys ein neues Zuhause geben können.
Comments