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In letzter Minute…

Aktualisiert: 18. März



"Sie nehmen einfach dieses Pflaster", sagte unser Apotheker. "Das kleben Sie eine Stunde vor der Blutentnahme in seine Armbeuge. Dann merkt er nicht einmal den Pieks." Den Tipp hätte ich gern bei sämtlichen Krankenhausaufenthalten gehabt. Deshalb gebe ich ihn an euch weiter. Es gibt diese Pflaster ohne Rezept in der Apotheke. Und wenn ihr Kiddies mit Zöliakie habt, die immer mal wieder ein Blutbild brauchen, sind diese Pflaster Gold wert.

"Und was mach ich, wenn er dran puhlt?", fragte ich. Der Apotheker lachte. "Dafür kleben Sie bunte Kinderpflaster auf Hände und Füße, dann puhlt er da dran und lässt das Betäubungspflaster in Ruhe." Gesagt, getan.


Unser Mini, der mit einer Ladung von Problemen auf die Welt kam und offenbar gleichzeitig eine Armada von unsichtbaren Schutzengeln mitbrachte, sang fröhlich in seinem Autositz.


Schon mal was von Masern-Titer gehört?


Es war Mittwoch und wir waren auf dem Weg zur Blutentnahme. Nicht bei seiner Kinderärztin. Sondern beim Arzt meines Vertrauens. Warum, davon erzähl ich gleich mehr. Wir fuhren hin, um den Masern-Titer bestimmen zu lassen. Der zeigt, ob ein Kind nach der ersten Masern-Mumps-Röteln-Impfung genügend Antikörper entwickelt hat. Damit wäre dann keine zweite Auffrisch-Impfung mehr nötig. Ich schickte 1000 Stoßgebete zum Himmel.


Habt ihr davon schon mal gehört? Ich auch nicht.


Ein Freund meiner Mutter hatte uns darauf gebracht, ein erfahrener Hausarzt. Einer von Matteos Schutzengeln, wie sich herausstellen sollte, obwohl die beiden sich nie begegnet sind. Wir hatten ihn angerufen, nachdem unsere Kinderärztin sich weigerte, meinen Bedenken auch nur zuzuhören.





Unsere Kinder sind gegen alles geimpft (außer Corona). Dann kam bei ihm die erste Masern-Mumps-Röteln-Impfung mit 15 Monaten – die einzige Pflichtimpfung in Deutschland, ohne die ein Kind weder in die Kita noch in die Schule kann.

Am Tag 8, lehrbuchmäßig geradezu, entwickelte er nicht lehrbuchmäßiges, rasendes Fieber. Es klettert unaufhaltsam auf 41.5 und wollte nicht nachlassen. Er lag apathisch in meinen Armen, aß nichts mehr, trank kaum noch, sah mit glasigen Augen durch mich durch. Er ist allergisch gegen Fiebersaft, Paracetamol wirkte nur ein bisschen und maximal drei Stunden. Hände und Füßchen waren eiskalt, also kamen auch Wadenwickel nicht in Frage. Mein Panik-Pegel stieg minütlich.


Ich rief seine Ärztin an, fuhr mit ihm hin. Sie war sehr zufrieden mit dieser Entwicklung. "Super, er reagiert auf den Impfstoff. Dass er so hohes Fieber hat, kann nicht an der Impfung liegen."

Ich sah sie fassungslos an. Trotz der massiven Unverträglichkeit riet sie zu Fiebersaft: "Geben Sie's ihm einfach, irgendwann hört er auf, zu spucken. Und melden Sie sich zeitnah für die zweite Dosis." Garantiert nicht, dachte ich, der Verzweiflung nah.

Sein Zustand war grausig. Nach vier Glüh-Tagen packte ich den Koffer fürs Krankenhaus, wieder einmal. Am Tag 5 sank das Fieber allmählich. Und seine Kinderärztin schickte nun regelmäßig Mails mit Mahnungen, dass wir jetzt aber wirklich ganz bald die zweite MMR-Impfung machen müssten (der späteste Wiederholungszeitpunkt ist nach 2 Jahren!).


Wenn der Körper "nein" sagt


Jedes Mal, wenn der Termin nahte, wurde Matteo krank und rettet sich selbst das Leben. Inzwischen war so viel Zeit vergangen, dass er nun die nächste Sechsfach-Impfung brauchte. Mein Bauchgefühl erlebte eine seiner dunkelsten Stunden. Mir zitterten die Knie, als die Nadel in seinem Oberschenkel versank. Stunden später konnte er plötzlich nicht mehr laufen. Seine Beine knickten einfach weg. Meine Alarmglocken schrillten endgültig mit 3000 Dezibel!


Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Und so kam der Freund ins Spiel. "Weißt du irgendetwas, was wir tun können, um ihn dem nicht auszusetzen?", fragte ihn meine Mutter. "Ja", sagte er, "lasst einfach ein Blutbild machen und seinen Maserntiter bestimmen. Der zeigt die Antikörper an. Wenn die über 200 liegen, ist er lebenslang immun."


48 Stunden nach dem Test schrillte das Telefon, um 7 Uhr morgens. "Gut, dass Sie auf Ihr Gefühl gehört haben", sagte die Stimme am anderen Ende, "denn sein Maserntiter ist so exorbitant hoch, dass er wahrscheinlich gestorben wäre, wenn Sie da noch mal reingeimpft hätten. Mit sehr, sehr viel Glück wäre er 'nur' im Krankenhaus gelandet." Der Maserntiter lag fast um das Zehnfach über dem Höchstwert. Es entstand ein Schweigen, das mehr als 1000 Worte sagte. Was er meinte, waren die schrecklichen Nebenwirkungen, die zwar selten, aber doch gelegentlich auftreten. Ich brach in Tränen aus und der Rest der Familie mit mir. Die Zeit stand still. "Wenn ich auf die Ärztin gehört hätte", sagte ich schließlich, "wäre er womöglich seit einem Jahr tot."


Meine Mutter ging telefonieren. "So leicht kann das manchmal sein", sagt der Freund, dem unser Mini Rebel sein Leben verdankt. "Das freut mich sehr."

Er gab uns den Ratschlag, den kaum jemand kennt. Ich würde immer wieder DANKE sagen, wenn es mein Gefühl auch nur annähernd beschreiben würde. Ich kann ihm nur danken, indem ich euch davon erzähle. Und wenn ein einziges Kind dadurch gerettet wird, dann war es das wert.


















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