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31 Tage



Ich zähle die Tage, bis unser Mini Rebel zum ersten Mal operiert wird. Ich wünschte, die Zeit könnte stehen bleiben. Und gleichzeitig wünschte ich, es wäre schon Weihnachten, und am größten Baum, den wir je hatten, könnten schon die Lichter für ihn glänzen und wir wüssten: Es ist überstanden! Zumindest der erste Schritt.


Er strahlt mich an und weiß von nichts. Dass wir kurz vor Weihnachten die Kliniktasche packen müssen. Wie bang mir ums Herz ist, wenn ich daran denke, dass ich mindestens 3 Stunden vor der OP-Saal-Tür auf ihn warten muss. Oder, wie es ihm danach geht. Oder, dass wir in dieser neuen Corona-Welle allein und auf uns gestellt sein werden. Oder an das, was dann noch kommt.


Was ist das nur mit Weihnachten?


Es ist meine dritte Weihnachtszeit in der Klinik. In der ersten wurde ich geboren. Mein Vater, Medizinjournalist, schrieb etwa drei Monate zuvor eine Reportage über Zöliakie. Meine Mutter, die nie davon gehört hatte, seufzte: "Gott sei Dank, dass wir das nicht haben." Eine Woche später lag sie für Wochen im Krankenhaus. Es sollten noch fast 30 Jahre vergehen, bis klar wurde: Sie hatte genau das! Zöliakie war die Ursache für die immer wieder gefährdete Schwangerschaft. Ihre unaufhörlichen Wehen wurden mit Medikamenten ausgebremst, deren Anwendung heute als Kunstfehler gilt, weil sie so schwere Schäden anrichten. Etwas so einfaches wie eine glutenfreie Diät hätte sie vielleicht davor bewahren können.





In der zweiten Weihnachtszeit war meine gebrochenen Wirbelsäule gerade frisch mit Titanstäben verschraubt worden und ich dachte, es könnte nicht schlimmer kommen; dass ich niemals noch mehr Angst und Schmerzen haben könnte. Noch immer war unklar, dass Zöliakie all diese Verwüstung angerichtet hatte. Dass ich die Gene geerbt hatte. Und dass eine konsequente Ernährungsumstellung mich vermutlich vor den Brüchen bewahrt hätte.

Es gab kaum Erfahrung. Es gab keine Beratung. Da war niemand, der nach der reichlich unsicheren Diagnose sagte: "Das und das musst du jetzt tun. Dies und jenes ist unerlässlich." Wir waren – erneut – komplett auf uns allein gestellt.


Im letzten Jahr zu Weihnachten habe ich erfahren, dass Emily Zöliakie hat, und Gott sei Dank war unser Kinderarzt achtsam genug, meine Beobachtungen ernst zu nehmen. Ich begann, ein Konzept zu entwickeln, dass Emily in der Kita beschützen könnte. Damals wusste ich es noch nicht. Aber das war die Geburtsstunde von GFConsulting.


Was kommt woher?


Und nun kommt erneut die Weihnachtszeit, in 31 Tagen. Kein Mensch weiß, ob Calebs Fehlbildungen oder all die anderen Komplikationen zusammen genommen irgendwie mit den Genen der Zöliakie verknüpft sind. Es gibt keine Studien darüber. Also lautet die Antwort erst einmal "nein".


Es klingt schon fast verwegen, den Gedanken überhaupt auszusprechen. So wie es vor 40 Jahren keine ausreichenden, wissenschaftlichen Studien zu Schwangerschaft und Zöliakie gab, oder vor 15 Jahren zu Zöliakie und Osteoporose, weiß heute niemand, was die genetische Veränderung sonst noch so im Schlepptau hat.

Doch nun, wo ich selbst Kinder habe – eins mit Sicherheit mit Zöliakie und das andere mit Sicherheit mit Milchunverträglichkeit – habe ich entschieden, dass ich der Mensch sein will, der mir selbst so verzweifelt gefehlt hat: Jemand, die hinschaut und hinhört und ein systematisches Präventionsprogramm anbietet. In der Schwangerschaft, für Kitas, für Schulen, für Erwachsene, die oft erst so spät erfahren, was die Ursache ihres Leidens ist.

In Restaurants ist das Unwissen nach wie vor groß. In Kliniken, egal wie modern, ist das Wissen über Glutenfreiheit… sagen wir mal spärlich. Es gibt so viel zu tun.

Und wenn Ihr mir schreibt, was Ihr an Wissen und Unterstützung vermisst, werde ich das dankbar in mein Coaching mit einbauen.


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